Der eigene Blick |
Von unübersehbaren
Gegensätzen in formaler wie inhaltlicher Hinsicht sind auch die neuen |
Auf diese
Rasterstruktur hat Astrid Eggert Fragmente von Vorhängen bzw. von einem
Portrait aufgebracht, in einer Art verwischten Technik, unter der das Raster hervorschimmert. Das Portrait, das an traditionelle Bildnisse erinnert, ist über das Raster gemalt, obwohl seine traditionelle Gestalt wie auch seine fragmentarische Erscheinung und die gewissermaßen "verblassten" Gesichtszüge" eher an eine umgekehrte Abfolge denken lassen, etwa, dass unter dem Farbraster eine ältere Malerei zum Vorschein gekommen ist. |
Andererseits ist das
Bildnis ähnlich unpräzise in der Formgebung wie die Formen der gerasterten |
Wenn man in diesem
Zusammenhang die kleinformatigen Briefmarkenbilder und das "Rosenbild", das tatsächlich u.a. aus Rosenblättern besteht, hinzuzieht, wird noch deutlicher, dass Astrid Eggert für sich in ihren neuen Arbeiten die Möglichkeiten untersucht, in welchem Verhältnis Material, Farbauftrag, Farbkontraste und Maße zur Form und zu möglichen Inhalten stehen. Und sie greift dabei auch bewusst auf die Kunstgeschichte zurück. Sie konfrontiert verschiedene malerische Verfahren miteinander in zweifellos stark verfremdeter Art und Weise, nämlich verfremdet durch den eigenen Blick und das eigene persönliche Interesse. So wird etwa die Gegenständlichkeit, wie sie seit dem ausgehenden Mittelalter in der Malerei gültig war hier - ist es Hans Memling, der als Vorbild für das Portraitfragment diente, in der Art von Gerd Richter verwischt, während die Farbraster nicht nur von den Stickbogenvorlagen angeregt sind, sondern auch von der konkreten Malerei, genauer von den Arbeiten Ellsworth Kellys aus den frühen 50er Jahren. |
Insofern
ist der Titel dieses Bildes also durchaus programmatisch zu verstehen. Die
Malerin gibt hier jene Künstler an, deren Werk sie aus den unterschiedlichsten Gründen stark beschäftigt: "Für Hans, für Ellsworth, für Gerd und für mich" heißt das Bild (1993), das u.a. die Frage nach den Quellen künstlerischer Arbeit berührt. Für Astrid Eggert ist eine ihrer Quellen die Kunst, deren historische Erfahrungen - neu untersucht und in andere Zusammenhänge gebracht und verarbeitet - zu neuen Lösungen führen können. Die Entscheidung über die Brauchbarkeit, über die Richtigkeit des eingeschlagenen Weges erweist und begründet sich allein in der eigenen künstlerischen Praxis. Hier ist die Künstlerin ganz auf sich gestellt, womit wir gleichsam zum Ausgangspunkt meiner Ausführungen zurückkehren, zur grenzenlosen Freiheit der Kunst, zur "Leitbildlosigkeit" , wie Adorno diesen Aspekt genannt hat, die für den Künstler/Künstlerin freilich nur die Kehrseite einer absoluten Selbstdisziplin ist. |
Prof.
Dr. Raimund Happel, Kunstverein Braunschweig
20.3.1994 zur Ausstellung im Kubus Hannover |